Dieser Artikel dient ausschließlich zur Erläuterung von Entscheidungen im Wikifolio „FinancialSkeptic Value“. Der Artikel stellt keine Anlageempfehlung dar. Vor einem Investment in ein Unternehmen/eine Aktie sollte man stets seine eigenen Recherchen durchführen. Dieser Artikel kann falsche Annahmen und Kennzahlen enthalten.
Besprochene Inhalte
- Aufnahme von Rovio Entertainment
- Aufnahme von Grange Resources
- Verkauf von Greenfirst Forest Products
Aufnahme von Grange Resources
Grange Resources ist ein australischer Eisenpellet-Produzent der auf Tasmanien operiert. Zum aktuellen Aktienkurs in Höhe von 0,52 AUD weist das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von ca. 602 MAUD auf. Zum 31.12.2020 hatte das Unternehmen lediglich 14 MAUD zinstragende Verbindlichkeiten und einen Cashbestand von ca. 183 MAUD. Der Enterprise Value von Grange beträgt somit aktuell ca. 433 MAUD. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern lag im Jahr 2020 bei ca. 208 MAUD. Somit wird Grange aktuell mit einem EV/EBIT Verhältnis von ca. 2,1 bewertet.
Richtig interessant wird es wenn man sich die Entwicklung der Eisenerzpreise anschaut. Auf der Grafik lässt sich gut erkennen, dass der starke Anstieg des Preises im vergangenen Jahr erst im Mai/Juni begann und damit der durchschnittlich im vergangenen Jahr erzielte Verkaufspreis deutlich unter den aktuellen Preisen liegt.

Hierbei muss man berücksichtigen, dass der Preis der dargestellten Eisenerzfutures zwar die Richtung der Preise darstellt, Grange jedoch deutlich höhere Preise je Tonne erzielt. Dies liegt zum einen daran, dass Grange das Eisenerz zu Pellets weiterverarbeitet und das Eisenerz von Grange von sehr hoher Qualität zu sein scheint. Im Reporting zum vierten Quartal findet sich dazu folgende Aussage:
„Grange continues to deliver into secured term offtake agreements realising higher prices for our lower impurity and high-quality products. Grange has fully allocated all of 2021 production through offtake agreements at an additional premium above the 65% Fe fines and pellet premium indices. This demonstrates the continued strong demand for Grange’s high quality and low impurity products.“ Q4 report 2020
Grange hat also bereits für die gesamte Produktion 2021 Abnahmeverträge und dies zu Preisen die einem Premium zu dem relevanten Index entsprechen. Ein großer Teil dieser Abnahmeverträge sind Vereinbarungen mit dem chinesischen Konzern und Grange Aktionär Shagang der 47,93% der Anteile an Grange hält. Im Jahr 2020 entfielen ca. 35% der Verkäufe auf Shagang.
Wenn man sich den China Iron Ore Spot Price Index ansieht, so stellt man fest, dass der aktuelle Kurs (03.03.2021) des für Grange relevanten Erzes (65% Fe fines), bei Betrachtung des Seaborne price index, bei 199,80 USD liegt. Das Premium für Pellets in der entsprechenden Reinheit liegt bei 49,20 USD, wodurch sich ein aktueller Pelletpreis von 249,00 USD/t (320,81 AUD) ergeben dürfte. Der gleiche Wert lag zum 31.12.2020 bei 217,50 USD/t. Laut Aussage von Grange dürfte der Verkaufspreis aufgrund der Produktqualität sogar stets leicht über diesen Werten liegen. Der im Durchschnitt des vergangenen Jahres von Grange erzielte Verkaufspreis lag laut Jahresabschluss bei 196,77 AUD. Niemand kann vorhersehen, wie sich die Eisenerzpreise zukünftig entwickeln werden, man muss jedoch auch kein Hellseher sein um zu erkennen, dass es relativ wahrscheinlich ist, dass der durchschnittliche Verkaufspreis für das Jahr 2021 über dem letztjährigen Durchschnittspreis liegen wird.
Da uns das EBIT, die Verkaufsmenge (2020: 2.489.640 t, 2019: 2.192.086 t) und der durchschnittliche Verkaufspreis aus dem Jahr 2020 bekannt ist, können wir nun eine kleine Sensitivitätsrechnung anstellen. Dabei habe ich die untere Grenze der erwarteten Verkaufsmenge unter derjenigen von 2019 und die obere Grenze über der von 2020 angenommen. Als Ergebnis erhält man folgende Tabelle:

Die gezeigten Werte entsprechen meiner Annahme eines erwartbaren EBITs für 2021.
Ihnen liegt die einfache Annahme zugrunde, dass die Kostenstruktur derjenigen im Jahr 2020 entspricht. Die einzige Variable liegt also im erzielten Umsatz der sich aus den verkauften Mengen und dem durchschnittlich realisierten Verkaufspreis zusammensetzt. Es handelt sich um ein im Vergleich zur Realität sehr stark vereinfachtes Modell, was jedoch eine gute Idee von dem Zusammenhang zwischen dem EBIT von Grange und dem Eisenerzpreis vermittelt. Die realistischsten Szenarien sehe ich dabei in dem grün hinterlegten Bereich und erwarte somit für 2021 ein EBIT zwischen 330 MAUD und 560 MAUD. Wenn wir davon ausgehen, dass die Investitionen mit 30 MAUD über den Abschreibungen liegen, es keinen positiven Effekt aus dem Working Capital gibt und wir eine grobe Annahme zur Steuerquote treffen, so erhalten wir einen Free-Cash-Flow im Bereich zwischen 250 MAUD und 500 MAUD. Hierbei handelt es sich aus meiner Sicht bereits um eine sehr konservative Einschätzung, da eher mit positiven Effekten aus dem Working Capital zu rechnen ist (u.a. waren die Forderungen zum Jahreswechsel ungewöhnlich hoch). Auch die Schätzung von mit 30 MAUD über den Abschreibungen liegenden Investitonen dürfte konservativ sein. Bereits im vergangenen Jahr wurde mit dem Austausch eines Förderbandes an der Weiterverarbeitungsanlage in Port Latta eine größere Investition getätigt, die nach Aussage des Unternehmens auch eine größere Prozessverbesserung darstellt. Der aktuelle Enterprise Value von Grange liegt relativ mittig in meiner Free Cash Flow-Erwartung, was bedeutet, dass die Net Cash Position von Grange zum Ende des aktuellen Jahres so hoch sein könnte wie die aktuelle Marktkapitalisierung. Das KGV dürfte auf Basis der 2021er Zahlen je nach Steuerquote dann bei unter 2,0 liegen. Ich glaube nicht, dass ich schonmal ein Unternehmen dieser Größe so günstig bewertet gesehen habe.
Noch nicht erwähnt habe ich bisher, dass die Laufzeit der Mine aktuell bis 2036 angenommen wird und Grange noch 70% eines Joint Ventures an einem zweiten sich noch nicht in Förderung befindenden Projektes (Southdown Magnetite Project) hält. Zudem hält Grange 51% an einem Projektentwickler mit dem Land erschlossen und Immobilien entwickelt wurden. Dieser Ausflug in die Immobilienwelt war bisher von wenig Erfolg gekrönt, scheint von Grange nach Verkauf der aktuellen Projekte auch nicht weiter verfolgt zu werden und spielt für die Bewertung des Unternehmens keine nennenswerte Rolle.
Natürlich gibt es auch Risiken:
Die Eisenerzpreise befinden sich aktuell auf einem sehr hohen Niveau. Auch wenn ich glaube, dass diese Preise sich zumindest über die kommenden Monate halten könnten, gibt es ein nicht unerhebliches Risiko, dass die Preise mittelfristig wieder auf ein deutlich niedrigeres Niveau absacken. Das hieraus resultierende Risiko schätze ich jedoch als relativ gering ein, da es zwar die möglichen Gewinne schmälert aber die Preise sicherlich nicht so deutlich und schnell fallen, dass wir ein 2021-Ergebnis unter Vorjahresniveau sehen (siehe Tabelle oben).
Abnehmerland des Eisenerzes ist China. Zum einen kam es in der jüngeren Vergangenheit zu stärkeren Handelsauseinandersetzungen zwischen China und Australien verbunden mit deutlichen Importzöllen durch China und zum anderen ist China bestrebt seine Umweltbilanz deutlich zu verbessern, was die Stahlproduzenten in China trifft. Da China jedoch einen starken Stahl- und somit auch Eisenerzbedarf hat sind die hieraus resultierenden Risiken mittelfristig wohl gering, da die wirtschaftlichen Interessen Chinas zu starken Einschnitten entgegenstehen. Im relativ unwahrscheinlichen Fall von direkten wie auch immer gearteten Themen zwischen Grange und chinesischen Behörden dürfte es Grange außerdem leichter fallen Kompromisse zu finden, da ein Großteil der Manager Abgesandte des Aktionärs Shagang sind.
Hieraus ergibt sich jedoch ein weiteres Risiko, da Grange faktisch von Shagang geführt wird. Ohne hierbei Böses zu unterstellen, hätte Shagang zumindest die theoretische Möglichkeit den Nutzen für Shagang, zum Nachteil der restlichen Aktionäre von Grange, zu maximieren. Schaut man sich die Dividendenpolitik von Grange an, so liegt zumindest der Verdacht nahe, dass im Unternehmen Cashbeträge angehäuft werden, die für den operativen Betrieb nicht benötigt werden und allen Aktionären zustehen sollten.
Ich halte Grange trotz der Dividendenpolitik für eine ausgezeichnete Investmentmöglichkeit und habe Aktien des Unternehmens daher ins Wikifolio aufgenommen. Ein Kursziel auszugeben fällt mir bei dieser Aktie extrem schwer, da die zukünftige Entwicklung des Aktienkurses nahezu ausschließlich von der Entwicklung des Eisenerzpreises und einer hoffentlich deutlich besseren Wahrnehmung des Unternehmens im Markt abhängt.
Aufnahme Rovio Entertainment
Rovio ist ein finnisches Gamingstudio mit Sitz in Espoo. Bekanntheit erlangte das Unternehmen durch seinen Spielehit Angry Birds. Zum aktuellen Aktienkurs in Höhe von 6,40 € besitzt das Unternehmen eine Marktkapitalisierung von ca. 470 M€. Zum 31.12.2020 hatte das Unternehmen lediglich 2 M€ zinstragende Verbindlichkeiten und einen Cashbestand von ca. 139 M€. Der Enterprise Value von Rovio beträgt somit aktuell ca. 333 M€. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern lag im Jahr 2020 bei ca. 39 M€. Somit wird Rovio aktuell mit einem EV/EBIT Verhältnis von ca. 8,5 bewertet.
Rovios Aktienkurs hat sich im vergangenen Jahr nicht so stark entwickelt wie der vieler anderer Spieleentwickler, konnte aber auch nicht so stark von der Pandemie profitieren wie dies andere Gameentwickler konnten. Ich bin jedoch auch skeptisch inwiefern Mobile Games Entwickler, wie Rovio, tatsächlich eine Sonderkonjunktur durch Corona erlebten. Da die Produkte dieser Unternehmen ohnehin „Mobile“ sind. Die größeren Profiteure im Gamesbereich waren wohl Hersteller von Peripheriegeräten wie z. Bsp. der Mutterkonzern von Thrustmaster, Guillemot, oder der stark wachsende deutsche Hersteller Endor mit seiner Marke Fanatec.
Rovio macht den Anschein, als wäre es wie ein schmelzender Eiswürfel bepreist, bei dem davon ausgegangen wird, dass man von einer ehemals starken Marke (Angry Birds) profitiert, die jedoch immer uninteressanter wird und die Umsätze des Unternehmens folglich langsam aber stetig fallen werden. Ich sehe hingegen die starke Marke Angry Birds als eine außerordentlich gute Basis, die ermöglicht das Portfolio um weitere erfolgreiche Spiele außerhalb dieser Marke zu erweitern. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil gegenüber kleinen Indie-Entwicklern und einer Vielzahl anderer Spieleentwickler die mit viel Kapital ausgestattet werden, mit dem Ziel, zukünftig einmal ein sehr erfolgreiches Spiel zu entwickeln.
Rovio hat mit der Vermarktung der Marke Angry Birds bereits jahrelange Erfahrung ihr geistiges Eigentum auch außerhalb der eigenen Spiele zu vermarkten, was ihnen bei zukünftigen Spielehits deutlich entgegenkommen dürfte. Die Vermarktungsmöglichkeiten in Form von z. Bsp. Spielzeug, Filmen und Serien dürften auch zukünftig eine nicht zu unterschätzende positive „Interessenschleife“ beim Konsumenten generieren. Dies werden wir hoffentlich auch mit dem diesjährigen Start von „Angry Birds: Summer Madness“ beobachten können, einer 40-teiligen Serie mit elfminütigen Folgen, die auf Netflix zu sehen sein wird.
Die Vielzahl der Streamingdienste welche um die Gunst der Kunden buhlen, sorgt dafür, dass Inhalte gerade wohl so gefragt sind wie noch nie zuvor. Rovio dürfte also auch zukünftig in der Lage sein die Angry Birds Marke, und zukünftig hoffentlich weitere Marken, auch außerhalb der eigenen Spiele zu monetarisieren.
Dass es das klare Ziel des Unternehmens ist zu wachsen und sich nicht auf den vergangenen Angry Birds Erfolgen auszuruhen zeigt auch das folgende Schaubild zur Unternehmensstrategie.

Neben der Weiterentwicklung der Cash Cow Angry Birds stehen die Entwicklung neuer eigener Spielemarken und die Erweiterung des Angebots durch Zukäufe im Mittelpunkt der Strategie. Sowohl für die Entwicklung von Spielen außerhalb des Angry Birds-Universums als auch für den Zukauf weiterer Entwicklungsstudios gibt es bereits Beispiele aus jüngerer Vergangenheit. Mit dem Mitte 2020 weltweit veröffentlichten Spiel Small Town Murders hat Rovio einen Achtungserfolg erzielt, auch wenn dieses Spiel von den Nutzerzahlen noch bei weitem nicht an die Angry Birds Spiele heranreicht. Zur gleichen Zeit vergangenen Jahres wurde die Übernahme des Gamingstudios Darkfire Games bekannt gegeben. Das erste durch Darkfire Games entwickelte Rovio-Spiel Darkfire Heroes wird offiziell im April weltweit veröffentlicht (Softlaunch war bereits im vergangenen Jahr). Nachdem man sich 2018 mit dem Studio Playraven bereits Kompetenz bei der Entwicklung von Strategiespielen eingekauft hat, wird Darkfire Games die Kompetenzen von Rovio um das Rollenspiel-Genre erweitern. Hinzu kommt, dass Rovio in Montreal an neuen Spielekonzepten arbeitet, die man selbst „the future of gaming“ nennt.
Es scheint als hätte Rovio eine ganz klare Strategie, zu der sich auch der seit Januar neue CEO Alex Pelletier-Normand deutlich bekennt (siehe Rovio AGM 2021 Präsentation). Mit den beiden erwähnten Zukäufen hat Rovio gezeigt, dass es Ihnen bei den M&A-Aktivitäten um überlegte gezielte Zukäufe geht, die die eigenen Kompetenzen erweitern und Zukunftspotenzial bieten. Mit einem Cashbestand von knapp 140 M€ zum Ende vergangenen Jahres stehen Rovio genügend Mittel zur Verfügung um zukünftig auch größere Übernahmen ohne Schuldenaufnahme zu stemmen.
Natürlich ist Rovio stark von der Angry Birds Marke abhängig, dessen ist sich Rovio jedoch bewusst und ich sehe aktuell keinen Grund weshalb die Popularität von Angry Birds abrupt zurückgehen sollte. Rovio hat auf jeden Fall eine ausgezeichnete Basis um auch in Zukunft erfolgreich zu sein und sich weitere Standbeine aufzubauen. Ich sehe die große Optionalität die Rovio bietet durch die aktuelle Marktbewertung nicht gewürdigt. Rovio ist eine kleine aber langfristig ausgerichtete Position im Wikifolio.
Greenfirst Forest Products
Im Laufe des Februars habe ich sämtliche Anteile an Greenfirst Forest Products abgestoßen. Dies erfolgte ausschließlich aufgrund meines erreichten Kurszieles das ich zuletzt im Bereich von 3 CAD gesehen hatte. Die Holzpreise sind in den USA auf einem historisch hohen Niveau. Vor dem Hintergrund, dass die Sägemühle ihren Betrieb noch nicht aufgenommen hat sehe ich bei den aktuellen Aktienkursen das Chancen-/Risiken-Verhältnis jedoch bei weitem nicht mehr so gut wie es mal war.
Ausblick
Ich freue mich über jede Vormerkung für mein Wikifolio FinancialSkeptic Value. Es ist geplant, dass das Wikifolio zukünftig durch ein handelbares Zertifikat abgebildet wird. Der Emissionsprozess hierfür ist bereits in vollem Gange.
Disclaimer
Personen, die mit dem Gedanken spielen in die hier besprochenen Unternehmen oder Finanzinstrumente zu investieren, sollten ihre eigene Recherche durchführen und ihrer Investmententscheidung ihre eigenen Annahmen zu Grunde legen. Dieser Artikel sollte in keiner Weise (so wie alle auf dieser Website vorgestellten Artikel) als Anlageempfehlung verstanden werden.
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